7. Dezember
 

Kann die Kirche nicht auch demokratisch sein?

Wenn ich davon ausgehe, dass in einer Demokratie das Volk die Hauptrolle spielt, dann ist Kirche ihrem Wesen nach demokratisch. Kirche ist nämlich nicht nur der Papst, die Bischöfe oder Priester, sondern zuerst das von Gott gerufene Volk Gottes, das Jesus und seiner Botschaft folgt. Gott wählt sich sein Volk und erwählt sich in diesem Volk Menschen zu besonderen Aufgaben, damit dieses Volk durch die Zeit geleitet wird.
Darin besteht dann auch der entscheidende Unterschied zu den Demokratien der Welt: der bestimmende Faktor in der Kirche ist nicht der Mensch, sondern Gott. Selbst wenn in der Kirche alle demokratischen Strukturen eines weltlichen Staates eingeführt werden sollten, bleibt dieser Faktor bestehen: Gott ist weder wählbar noch abwählbar, bei ihm gibt es auch keine Gewaltenteilung und die göttliche Verfassung kann durch keine Zweidrittelmehrheit der Menschheit geändert werden.
Dennoch hat das Volk Gottes ihr Gewicht. Der Blick auf die Kirchengeschichte zeigt, dass viele wesentliche Veränderungen in der Kirche sehr oft nicht vom Papst, sondern von den einfachen Gläubigen ausgingen. Das Zweite Vatikanische Konzil hat dem Volk Gottes die gleiche Unfehlbarkeit zugesprochen, wie das Erste Vatikanische Konzil dies dem Papst zusprach: „Die Gesamtheit der Gläubigen … kann im Glauben nicht irren“ (Lumen Gentium 12).
Ohne Diskussionen, Streit, Fehlentscheidungen … werden wir allerdings nie auskommen. Davor sind wir als Volk Gottes nicht gefeit. Davor schützt uns auch eine kirchliche Demokratisierung nicht. Ein Blick auf die staatlichen Demokratien bestätigt, dass auch die bestgeführte Demokratie manchmal ziemliches Chaos produzieren kann.
Der wichtigste Schritt im Demokratisierungsprozess der Kirche wäre, dass die Verantwortlichen in der Kirche sich stets bemühen, das Volk Gottes ernst zu nehmen. Um dem gerecht zu werden, ist Franz von Sales als Bischof in die entlegendsten Bergdörfer gewandert, um die Menschen anzuhören und ihnen beizustehen.
Der zweite Schritt ist, dass all jene, die in der Kirche ein Amt übernommen haben, dieses nicht nur achten, sondern dem Volk, dem sie vorstehen, mit gutem Beispiel vorangehen.
Und für das gesamte Volk Gottes ist wichtig, dass wir bei allem Durcheinander den Blick auf den Polarstern nicht aus den Augen verlieren, auf Gott, damit wir nicht die Orientierung verlieren.

Franz von Sales

„Es ist eine Tatsache, dass die guten Pfarrer nicht weniger notwendig sind als die guten Bischöfe. Die Bischöfe arbeiten vergebens, wenn sie nicht sorgsam darauf bedacht sind, ihre Pfarrkirchen mit frommen Pfarrern von vorbildlichem Lebenswandel und ausreichender Gelehrsamkeit zu besetzen. Sie sind ja die unmittelbaren Hirten, die den Schafen vorangehen (Joh 10,4), sie den Weg zum Himmel lehren und ihnen das Beispiel geben sollen, dem sie folgen müssen. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass sich das Volk leicht zu Übungen der Frömmigkeit bereit fand, wenn es Geistliche hatte, die es durch das Wort Gottes und ihr gutes Beispiel anspornen, das Laster zu fliehen und die Tugend zu ergreifen. Umgekehrt wandte sich das gewöhnliche Volk sehr leicht von der Übung der christlichen Tugend ab, wenn seine Priester unwissend waren, von geringer Sorge für das Heil der Seelen und von schlechtem Lebenswandel.“ (DASal 12,108f; OEA XXIII, 400-01)

Fragen zum Nachdenken

• Nehme ich Anteil am Leben der Kirche?
• Engagiere ich mich in meiner Pfarrgemeinde?
• Sehe ich mich als Teil des Volkes Gottes?

Ein Herzensgebet durch den Tag

Es lebe Jesus, der meine Stimme hört.

P. Herbert Winklehner OSFS