5. Dezember
 

Kann ich ohne Kirche glauben?

Auf dieser Welt leben ungefähr fünf Milliarden Menschen, die nicht Mitglied der katholischen Kirche sind. Ein ziemlich hoher Prozentsatz davon bezeichnet sich trotzdem als gläubig. Das heißt: Man kann auch ohne Kirche glauben.
Eine andere Frage ist: Kann ich ohne Kirche das Heil finden, also das Ziel meines Lebens, das "Leben in Fülle" (Joh 10,10), das Leben mit Gott von Angesicht zu Angesicht erreichen? Hier sagte die Kirche Jahrhunderte lang: Nein, außerhalb der Kirche gibt es kein Heil. Heute hat sich das geändert. Darüber, wer das Heil erlangt und wer nicht, entscheidet Gott und sonst niemand.
Man kann also, wenn Gott dies will, auch ohne Kirche das Ziel seines Lebens erlangen, z. B. indem man seinen Glauben ehrlich lebt, egal in welcher Religion oder Konfession.
Ich glaube allerdings ebenso daran, dass ich in und mit der Kirche leichter glauben kann. Wäre dies nicht der Fall, hätte es gar keinen Sinn, dass Jesus Christus diese Kirche gründete. Ich glaube, dass er dies nicht zu unserem Nachteil tat, sondern zu unserem Nutzen.
Das Wort Kirche – aus dem griechischen „ekklesia“ – bedeutet die „Herausgerufenen“, also die Gemeinschaft derer, die dem Ruf Jesu gefolgt sind und folgen. Das Grundprinzip von Kirche ist die Gemeinschaft, die sich gemeinsam auf den Weg der Nachfolge Jesu macht. Einen Weg gemeinsam gehen, in Gemeinschaft einander Kraft und Stütze sein, ist allemal leichter, als einen Weg alleine finden und die Gefahren auf diesem Weg alleine meistern zu müssen. Kirche sollte genau diese Gemeinschaft sein. Wenn sie dies einmal nicht ist, dann ändert dies nichts an ihrer grundsätzlichen Sinnhaftigkeit, sondern stellt vielmehr eine Anfrage an all jene, die Teil dieser Kirche sind, wie sie diese Gemeinschaft leben.
Das gilt für jede Gemeinschaft. Jede Gruppe von Menschen ist der Gefahr ausgesetzt, etwas nicht so zu machen, wie es einmal gedacht war. Und wenn es tatsächlich Menschen gibt, die sich von der Kirche abwenden oder aus der Kirche austreten, dann wäre der erste Schritt nicht, diese Menschen zu verurteilen und zu sagen, dass die Menschen immer weniger und weniger glauben, sondern sich auf die eigene Brust zu klopfen und zu fragen: Habe ich als Kirche etwas falsch gemacht? Muss ich etwas an mir ändern oder verbessern, damit Kirche wieder das wird, wozu sie gegründet wurde: eine Gemeinschaft auf dem Weg in der Nachfolge Jesu.

Franz von Sales

„Kirche kommt von einem griechischen Wort, das ,berufen’ bedeutet. Kirche bezeichnet also eine Versammlung oder Gemeinschaft von Berufenen … Die Kirche ist eine heilige Gesamtheit oder allgemeine Gemeinschaft von Menschen, geeint und vereinigt im Bekenntnis des einen gleichen christlichen Glaubens, in der Teilnahme an den gleichen Sakramenten.“ (DASal 10,41; Controverses Part I, Chap. II, Art. I)

Fragen zum Nachdenken:

• Was ist für mich der Sinn der Kirche?
• Glaube ich, dass Jesus die Kirche gegründet hat?
• Welche Schwierigkeiten habe ich mit der Kirche, wo ist sie mir eine Stütze?

Ein Herzensgebet durch den Tag:

Es lebe Jesus, der mich in seine Gemeinschaft ruft.

P. Herbert Winklehner OSFS