2. Dezember
 

Was bedeutet fromm sein?

Der Begriff „Frömmigkeit“ oder „fromm sein“ klingt zugegebenermaßen in unseren Ohren etwas verstaubt oder sogar negativ. Das ist schade, weil uns dadurch der tatsächliche Wert einer wichtigen Tugend abhanden gekommen ist.
Zur Erinnerung: Frömmigkeit ist eine der sieben Gaben des Heiligen Geistes. Das heißt: Irgendetwas muss an dieser Tugend schon dran sein, wenn es Gott für wichtig empfindet, uns damit zu beschenken.
Es ist also nicht verkehrt, einmal darüber nachzudenken, was mit diesem Wort tatsächlich gemeint ist. Einfach gesagt: Frömmigkeit ist die Übereinstimmung zwischen meinem Glauben und meinem Leben. Fromm ist, wer lebt, was er glaubt, und wer glaubt, was er lebt. Der fromme Mensch lebt authentisch. Er lebt ehrlich. Er ist glaubwürdig. Er lebt auch nach außen, was er im Inneren empfindet. Nicht fromm ist jemand, der Glauben und Leben trennt und meint, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
Wer sich am Sonntag in der Kirche anders verhält als im Alltag unter der Woche, der ist nicht fromm, sondern ein „Frömmler“. Wahrscheinlich hat gerade diese Frömmelei dazu geführt, dass der Begriff „fromm sein“ ein so schlechtes Image erhalten hat.
Franz von Sales erkannte dies, wenn er schreibt: „Ein anderer hält sich für fromm, weil er täglich eine Menge Gebete heruntersagt, obwohl er nachher seiner Zunge alle Freiheit lässt für Schimpfworte, böse und beleidigende Reden gegen Hausgenossen und Nachbarn ... Gewöhnlich hält man alle diese Menschen für fromm, sie sind es aber keineswegs“ (DASal 1,33).
Wahre Frömmigkeit steht nicht neben dem Leben, sondern veredelt dieses Leben. Sie verleiht dem Leben seinen Glanz und seinen Wert, weil durch die Frömmigkeit das Leben mit dem Glauben verbunden und dadurch im wahrsten Sinne des Wortes glaub-würdig wird. Der Mensch wird durch die wahre Frömmigkeit echt: ein echter Mensch, ein glaubwürdiger Christ, der sein Leben von Gott her und auf Gott hin orientiert, und zwar nicht nur in Raum einer Kirche, sondern immer und überall. So gesehen erhält „fromm sein“ einen Wert, auf den wir eigentlich nicht verzichten können.
Nach Franz von Sales haben wir als fromme Menschen auch die Aufgabe, unsere Frömmigkeit für alle liebenswert zu machen. In einem Brief schreibt er unmissverständlich: "Sie sollen nicht nur fromm sein und die Frömmigkeit lieben, sondern sie auch jedermann liebenswert machen. Das tun Sie aber, wenn sie anderen nützlich und angenehm wird." (DASal 6,81). Auch das gehört zum „Fromm sein“ dazu.

Franz von Sales:
„Glaube mir, die Frömmigkeit ist das Schönste, was es gibt. Sie ist die Königin der Tugenden, die Vollendung der Liebe. Ist die Liebe eine Pflanze, dann ist die Frömmigkeit ihre Blüte; ist sie ein Edelstein, dann ist die Frömmigkeit sein Glanz; ist sie ein kostbarer Balsam, dann ist die Frömmigkeit dessen Duft, ein lieblicher Duft, der die Menschen erquickt und die Engel erfreut.“
(DASal 1,36f; Introduction I,2)

Fragen zum Nachdenken

• Was verbinde ich mit dem Begriff „fromm sein“?
• Lebe ich meinen Glauben authentisch und ehrlich?
• Verhalte ich mich in der Kirche anders als außerhalb?

Ein Herzensgebet durch den Tag

Es lebe Jesus, der mir die Gabe der Frömmigkeit schenkt.

P. Herbert Winklehner OSFS