24. Dezember
 

Warum gibt es so viel Leid auf dieser Welt?

Die Frage nach dem Warum von so viel Leid auf dieser Welt ist leider nicht zu beantworten. Diese Frage zählt zu den uralten Menschheitsfragen und wird bis zum Ende der Zeiten immer eine ganz wesentliche Frage des Menschen bleiben. Die Herausforderung und Gewalt des Leidens ist einfach zu groß, um davon nicht betroffen zu sein. Selbst die größten Theologen und Philosophen mussten und müssen immer wieder bekennen, dass es eine letzte und gültige Antwort auf diese Frage nicht gibt. Trotz intensiver Suche bleibt die Antwort letztlich ein Rätsel, ja muss sogar aus Ehrfurcht vor den Leidenden selbst ein Rätsel bleiben. Die vielen Antworten, die Ijob – die biblische Symbolfigur des Leidenden schlechthin – von seinen Freunden erhalten hatte, waren alle falsch, weil sie den Leidenden in seiner Not nicht ernst nahmen, sondern mit Floskeln abspeisten, ja ihn sogar verurteilten.
Dennoch dürfen wir dieser Frage nicht ausweichen und müssen sie uns immer wieder stellen. Wir Christen glauben jedenfalls daran, dass Gott das Leid nicht will. Gottes Verheißung ist ein ewiges Leben, ein Zustand der ewigen Freude, in der alle Fragen, auch die Frage nach dem Leid, beantwortet sein werden. Wir glauben daran, dass sich Gott mit den Leidenden solidarisch erklärt. Er steht dem Leid nicht nur nicht gleichgültig gegenüber, so als würde ihn in seiner allmächtigen Größe das Elend der Welt nichts angehen, sondern er wird selbst Mensch und nimmt das Leid im Kreuzestod auf sich, um uns Menschen eine Hoffnung wider alle Hoffnung zu geben, die uns sagt: Das Leid ist nicht das letzte Wort. So schreibt auch der Apostel Paulus: „Das Leiden der gegenwärtigen Zeit ist nichts im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll“ (Röm 8,18).
Das Warum wird damit allerdings nicht beantwortet, Gott macht uns aber Mut, im Leid nicht aufzugeben, und er fordert uns auf, dem Leidenden nicht achtlos zu begegnen, sondern zu versuchen, das Leiden mit aller Kraft, wo wir nur können, zu verhindern und zu bekämpfen. Der Trost und die Hoffnung, die Gott uns auf diese Frage gibt, ist also nicht eine billige Vertröstung auf den Himmel, sondern seine Aufforderung, Leid so gut es geht zu verhindern und zu lindern. Eine rabbinische Geschichte bringt dies auf den Punkt. In dieser Geschichte fragt ein Rabbi Gott, was er gegen das Leid dieser Welt unternimmt. Und Gott antwortet: „Ich habe dich erschaffen.“

Franz von Sales

"Wir möchten, dass es auf unserem Wege weder Schwierigkeiten noch Widerwärtigkeiten noch Plagen gäbe. Wir wünschten uns Freude ohne Rückschlag, immer Gutes ohne Böses, Gesundheit ohne Krankheit, Ruhe ohne Mühen, Frieden ohne Aufregung. Welch ein Unsinn! Man verlangt Unmögliches, denn die ungetrübte Reinheit gibt es nur im Paradies: Das Gute, das Ausruhen, die Freude, alles ist nur im Himmel ganz rein, ohne jegliche Beimischung von Unruhe und Leid." (DASal 2,50; OEA VI,32f)

Fragen zum Nachdenken:

• Was kann ich tun, um Leiden in der Welt zu verringern?
• Welche Antworten fallen mir ein, wenn ich nach dem Leid frage?
• Glaube ich daran, dass es trotz allem Leid dennoch Hoffnung gibt?

Ein Herzensgebet durch den Tag:

Es lebe Jesus, der uns durch sein Kreuz Hoffnung schenkte.

P. Herbert Winklehner OSFS