17. Dezember
 

Muss ich am Sonntag in den Gottesdienst?

Zunächst einmal: „Müssen“ ist im Glauben immer falsch. Gott hat jedem Menschen die Freiheit geschenkt, weil ihm klar ist, dass Liebe nur in Freiheit möglich ist. Ich liebe dich, weil ich dich lieben muss – eine solche Aussage ist Blödsinn, jedenfalls keine echte Liebe. Also: Natürlich „muss“ niemand am Sonntag in den Gottesdienst. Es ist allerdings höchst sinn- und wertvoll, wenigstens einmal in der Woche seinen Glauben zusammen mit anderen und mit Gott an einem extra dafür eingerichteten Ort zu feiern. Es ist also eine Frage der Wertschätzung, die ich Gott in meinem Leben entgegenbringen will – und dabei ist es zunächst völlig egal, wie dieser Gottesdienst in der Kirche gestaltet ist. Wenn ich jemanden mag und dieser bittet mich, mit ihm eine Stunde zu verbringen, dann frag ich eigentlich nicht: Muss das sein? Wozu das alles? Was tun wir da? – Ich werde einfach Ja sagen – aus Liebe und Wertschätzung dieser Person gegenüber. Die Frage „Muss ich am Sonntag in den Gottesdienst?“ klingt also, als fragte ich: „Muss ich unbedingt mit meinem Freund oder meiner Freundin gemeinsam etwas unternehmen?“ Für den hl. Franz von Sales stellt sich diese Frage deshalb gar nicht, weil er davon ausgeht, dass Gott für den Menschen so wertvoll und wichtig ist, dass ich so oft als möglich mit ihm zusammen sein will. Das zentrale Ereignis der Eucharistiefeier ist, dass Gott mit Fleisch und Blut gegenwärtig wird in den Gaben von Wein und Brot. Das heißt: Ich hab hier die einzigartige Chance, Gott „live“, mit Fleisch und Blut, zu erleben, und diese Chance kann man sich doch nicht entgehen lassen.
Für all jene, die dieses Fest der hautnahen Gottesbegegnung gestalten, vor allem für den Pfarrer oder Priester ist dieser Gottesdienst dann natürlich nicht bloß eine Routineangelegenheit, die man schon x-mal gemacht hat, sondern eine besondere Herausforderung. Gerade der Priester sollte sich immer wieder einmal die Frage stellen, ob sein Dienst auch wirklich dazu beiträgt, dass aus der Messe am Sonntag für alle Mitfeiernden dieses großartige Fest der Gottesbegegnung wird, egal wie oft man diesen Gottesdienst im Leben schon zelebriert hat. Auch sollte er sich immer wieder einmal der Frage stellen, ob seine Gestaltung dazu beiträgt, dass die Menschen gerne in die Kirche kommen oder ob gerade deshalb immer weniger kommen, weil sie durch die Art der Gestaltung abgeschreckt werden.

Franz von Sales:

„In der heiligen Eucharistie werden wir eins mit Gott wie die Speise mit dem Körper.“ (DASal 2,283; OEA VI,337)

Fragen zum Nachdenken:

• Habe ich den Eindruck, dass ich im Glauben zu etwas gezwungen werde?
• Welchen Stellenwert räume ich dem Sonntagsgottesdienst ein?
• Möchte ich Gott hautnah begegnen?

Herzensgebet durch den Tag:

Es lebe Jesus, der mir nahe sein will

P. Herbert Winklehner OSFS